Archiv der Kategorie: UNICUM ABI

Ordentlich was auf die Ohren

Statt Artikel für die Schülerzeitung zu verfassen, produzieren immer mehr Schüler ihre eigene Radiosendung. UNICUM ABI hat gelauscht bei „Frings on Air“, dem Schülerradio des Kardinal-Frings-Gymnasiums Bonn-Beuel.

Schüler mit eigener Radiosendung

Jugendlich, frech und frisch kommt es daher, das Programm der jungen Radiomacher von „Frings on Air“. Fröhliche Jingles, spannende Interviews und zahlreiche Hintergrundberichte machen den Sender ebenso aus wie die bunte Mischung aus Musik und Nachrichten. Doch was für den Zuhörer so einfach klingt, kann manchmal ganz schön stressig sein. Zwischen Hausaufgaben und Mathetest, Fahrstunde und Fußballtraining hat das junge Moderatoren- Team allerhand zu tun, bis es eine 30-minütige Sendung auf die Beine gestellt hat.

Nicht immer einfach – viel Arbeit

Alle Sendungen werden ganz genau geplant und strukturiert. Bevor wir im Radio laufen, müssen wir klären, welche Musik wir spielen, welche Themen für unsere Hörer interessant sind und wann wir an- oder abmoderieren, berichtet Nachwuchsreporter Florian Knobloch. Bis zum Sommer war er Chefredakteur bei „Frings on Air“ . Nach seinem Abitur sorgen nun jüngere Mitschüler dafür, dass es regelmäßig etwas auf die Ohren gibt. Nicht immer ganz einfach, drücken doch alle Beteiligten noch die Schulbank. Nach Unterrichtsschluss und in den Pausen recherchiert das etwa zehnköpfige Team auf Veranstaltungen wie dem Weltjugendtag oder lässt Prominente, wie den finnischen Rock-Musiker Ville Valo oder RTL-Nachrichtenchef Peter Klöppel, Grüße an die Hörer richten.

Sensibilisieren für den eigenen Medienkonsum

Wie man einen richtig guten Hörbeitrag produziert, müssen die meisten Schüler allerdings erst lernen. Viele jugendliche Radiomacher besuchen deshalb Seminare von Jugendmedienvereinen, freien Bildungsträgern oder Offenen Kanälen. Andreas Guballa leitet den Offenen Kanal Westküste und hat häufig mit Jugendlichen zu tun, die sich in den Seminaren des Senders den letzten Schliff verpassen lassen. „Viele Schüler probieren sich zwar zuhause an verschiedenen Schnittprogrammen aus, berichtet Guballa. Wie man einen Audio-Beitrag richtig schneidet oder perfekte Überspieler macht, lernen sie dann meist erst bei uns“. Grund für die relativ geringen Vorkenntnisse im Umgang mit dem Medium Radio sei die schlechte technische Ausstattung deutscher Schulen. Teures Radioequipment könne sich kaum eine Schule leisten. „Dabei“, so Michael Hallermayer, Vorstandsmitglied der Jugendpresse Deutschland e.V., „bieten Schülerradios eine gute Möglichkeit, Jugendliche für ihren eigenen Medienkonsum zu sensibilisieren. Die aktive Auseinandersetzung mit Medien eröffnet Schülern die verschiedensten Wege, demokratisches Handeln zu erlernen. Durch Engagement, Mitdenken und das Gestalten eines eigenen Produktes lernen sie oft viel mehr als durch sturen Frontalunterricht.“

Experimentieren im VordergrundDas Experimentieren und Ausprobieren ist es auch, was Florian und viele andere Teenager so sehr an der Radioarbeit reizt. Man kann über Dinge berichten, die für Redaktion und Hörer von Bedeutung sind, spielt Musik, die man sonst vielleicht nicht zu hören bekommt, und enthüllt Skandale, die möglicherweise nur Schüler interessieren. „Unsere Sendung setzt sich meist aus einem schulischen und einem außerschulischen Beitrag zusammen“, erklärt Florian Knobloch das Erfolgsrezept des Projekts. „Zusätzlich gibt es die Rubrik „hautnah“, in der wir regelmäßig Kurzinterviews mit Persönlichkeiten unserer Schule durchführen, und natürlich jede Menge Musik.““Keine Live-SendungEinziger Unterschied zu den professionellen Sendeanstalten: „Frings on Air“ sendet nicht live. Die Sendungen produziere man zwar auf diesem Wege, da die Ausstrahlung jedoch über den Bürgerfunk erfolge, sei eine Live- Sendung nicht möglich. Um presserechtlich relevante Inhalte vor der Ausstrahlung überprüfen zu lassen, liefern die jungen Radiomoderatoren ihre aktuelle Sendung bereits einige Tage vorher zur Kontrolle bei Radio NRW ab. Sind die Verantwortlichen mit den Inhalten der Sendung zufrieden, kann man das fertige Produkt im Radio Bonn/ Rhein-Sieg hören.

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Kurzinterview: Vom Rückspuler zum Radiostar

1Live-Moderator Olli Briesch spricht über seinen Tagesrhythmus während einer Sendewoche und wie er überhaupt zum Radio gekommen ist. Ein Journalismusstudium oder ein Volontariat sind dabei nicht immer die besten Einstiegsvoraussetzungen.

 Viele Jugendliche wollen etwas im Medienbereich machen. Wie bist du zum Radio gekommen?
Es hat alles mit einer klassischen Zeitungsannonce angefangen, in der ein Student als Kassettenrückspuler und Redaktionsassistent gesucht wurde. Das hieß: Morgens Frühdienst, dann Vorlesungen. Erst war es ein Job neben dem Studium, irgendwann war die Uni der Nebenjob. Der weitere Weg war eine Kombination aus richtigen Gelegenheiten, Fleiß und Menschen, die mir Tipps und ihr Vertrauen gegeben haben.

Welche Eigenschaften sollte ein guter Radiomoderator unbedingt mitbringen, welche lieber zu Hause lassen?
Für mich ist das Wichtigste, dass ein Moderator authentisch ist und sich nicht verstellt. Das unterscheidet ihn vom Kirmes-DJ oder dem Ansager der Dorfmodenschau, der mit buntem Sakko ins Mikro näselt. Ein Radiomoderator sollte ein Mensch sein, dem man gerne zuhört, weil er Interessantes oder auch Lustiges zu sagen hat und unter „Personality“ nicht versteht, möglichst oft den eigenen Namen zu sagen. Menschen, die extrem gerne im Mittelpunkt stehen und sich gerne selbst beim Reden zuhören, sind eher nicht gefragt.

Wie sieht dein typischer Arbeitstag aus?
Der beginnt recht früh: Um 3.45 Uhr klingelt der Wecker, kurz nach vier Ankunft im Sender. Zeitungen, Agenturen lesen, Redakteur anmotzen, mit den Reportern ihre Beiträge besprechen und um fünf Uhr geht‘s zum verbalen Kaltstart in die Sendung, die dann bis zehn dauert. Danach Redaktionskonferenz bis 10.30 Uhr und Planung für den nächsten Tag. Nach zwei Stunden Mittagsschlaf geht es oft noch mal kurz ins Studio, um die Sendung für den nächsten Tag zu besprechen, die das Redaktionsteam tagsüber geplant hat.

Hat es auch Nachteile beim Radio zu arbeiten und wenn ja, wie gehst du damit um?
In den Sendewochen leiden die sozialen Kontakte ein wenig, oder der gesunde Schlaf. Beides geht oft schlecht zusammen. Wenn abends ein wichtiges Konzert ist, über das wir morgens berichten, will ich trotzdem dabei sein und feiern.

Da müssen auch schon mal drei Stunden Schlaf reichen. Welche Tipps gibst du Jugendlichen, die auch zum Radio wollen?
Es führen die verschiedensten Wege zu diesem Beruf, aber keine klassische Ausbildung. Natürlich kann man ein journalistisches Volontariat absolvieren oder Journalismus studieren. Das ist aber keine Garantie für einen Einstieg oder Erfolg als Moderator. Viele Kollegen sind, genau wie ich, so genannte Quereinsteiger und haben vorher teilweise etwas komplett anderes gemacht. Mein Tipp: Bei einem kleinen Radiosender anfangen, nie sagen, dass man unbedingt Moderator werden will, und dann auf die richtige Gelegenheit warten.

Dein Plädoyer fürs Radio. Warum nicht mp3-Player, Internet oder TV?
Mein iPod liefert mir zwar zu 100 Prozent meinen Musikgeschmack, aber er bringt mich morgens nicht zum Lachen, er informiert mich nicht und die emotionale Bindung hält sich arg in Grenzen. Das Internet ist mir zu unemotional, oft zu informationsüberladen und austauschbar. TV ist schlecht beim Duschen morgens und spielt zu wenig Musik.

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Unplugged: Eine Woche ohne Internet, Handy & Co.

Ein Leben ohne E-Mails, SMS und die Lieblingsserie im Fernsehen – paradiesischer Zustand oder unerträglicher Alptraum? UNICUM ABI Autorin Carolin Mader stellte sich selbst auf die Probe.

Meine Familie hat sich in den Urlaub verabschiedet. Die perfekte Gelegenheit, um mein Experiment zu starten: Eine Woche lang will ich den Fernseher mit Missachtung strafen, meinen Computer ignorieren und kein Handy in die Hand nehmen. Vor mir liegen sieben Tage vollkommener Ruhe: Ruhe vor Stars, die ihren Einzug in den Frauenknast zelebrieren, Ruhe vor verzweifelten Freundinnen, die mir die Ohren voll jammern, und Ruhe vor meinem PC, der alle paar Minuten neue Post verkündet. Klingt verlockend, oder?

Freitag

Es ist soweit. Heute soll mein großes Vorhaben beginnen. Warum ich ausgerechnet einen Freitag für den Start meines Experiments gewählt habe? Das ist pure Berechnung. Erstens: An Freitagabenden hat man meist nicht mehr viel Lust, sich an den Computer zu setzen und zu arbeiten. Zweitens: Es kommen selten richtig gute Filme im Fernsehen. Die Versuchung zur Fernbedienung zu greifen hält sich also in Grenzen. Stattdessen greife ich ins Bücherregal. In den vergangenen Wochen hat sich dort einiges angesammelt. Nun habe ich endlich die nötige Zeit zum Lesen und mache es mir mit einem Mitbringsel aus der Londoner Buchhandlung „Waterstone“ auf meinem Bett gemütlich. Das Buch ist gut und die Zeit vergeht so schnell, dass ich gar nicht bemerke, wie ich während des Lesens einschlafe.

Samstag

Mit dem Buch im Arm wache ich am nächsten Morgen auf. Irgendwas ist anders. Nach kurzem Grübeln fällt es mir ein: Meine Stereo-Anlage ist nicht von alleine angesprungen, um mich zu wecken. Mit einem Schulterzucken verschwinde ich ins Badezimmer, danach geht es zum Briefkasten. Dort wartet bereits die Zeitung auf mich, der ich mich heute mal etwas ausführlicher widmen werde. Schließlich habe ich Zeit. Es erwarten mich weder flehende ICQ-Nachrichten, noch telefonische Anfragen wie „Na, was machen wir heute?“ Wer an diesem Wochenende etwas von mir will, muss schon vorbeikommen. Am späten Nachmittag wird mir klar, dass das heute wohl nicht mehr passieren wird. In Erwartung eines weiteren ruhigen Abends besorge ich mir Klebestreifen fürs Fotoalbum. Ich zahle in bar – die EC-Karte erscheint mir zu technisch. Zurück zuhause wühle ich mich dann durch Urlaubsfotos, sortiere nach Jahr und Ort. Exakt zwei Stunden halte ich durch, dann ist mein Fuß eingeschlafen und ich habe keine Lust mehr. Genervt lege ich mich ins Bett bis mich ein jähes Klingeln aus dem Schlaf reißt …

Sonntag

Es war da, es hat geklingelt, ich habe es ganz genau gehört. Langsam wird es wirklich komisch, nichts von der Außenwelt zu hören. Aber einfach so in die Stadt fahren und riskieren, dass niemand zu Hause ist, finde ich doof. Warum bin ich bloß während meines Experiments nicht weggefahren? Im Urlaub langweilt man sich nie. Man besichtigt Museen, lümmelt am Strand, geht feiern und das Wichtigste, man fährt meistens mit jemandem zusammen. Alleine zu sein ist irgendwie nicht mein Ding. Doch nach zehn Minuten Genörgel sucht sogar meine Katze das Weite. Kein Wunder! Ich sollte einfach das Positive sehen. Ich habe Zeit für all die Dinge, die in letzter Zeit auf der Strecke geblieben sind. Kleiderschrank ausmisten, auf Shoppingtour gehen, lesen, Briefe schreiben, auf der Terrasse liegen und einfach mal die Seele baumeln lassen. Hoffentlich reichen die übrigen vier Tage überhaupt dafür

Montag

Nachdem ich gestern einen kleinen Durchhänger hatte, genieße ich die Ruhe heute umso mehr. Am Vormittag widme ich mich meinem Kleiderschrank. Ich wusste gar nicht, wie viel Chaos sich in so einem Ding ansammeln kann. Bis zum frühen Nachmittag bin ich damit beschäftigt, verschollen geglaubte Schätze wieder zu finden und alte Klamotten für das Rote Kreuz zu verpacken. Ich vermisse nichts, weder mein Handy, noch Fernsehen oder Internet. Erst als der Zeiger meiner Uhr sich in Richtung 15 Uhr bewegt, denke ich an meine Lieblingsserie, die heute leider ohne mich laufen muss. Ich setze mich stattdessen mit Block und Stift auf die Terrasse und lasse meiner Phantasie freien Lauf.

Dienstag

Inzwischen vermisse ich den Weckruf meiner Stereo-Anlage gar nicht mehr. Ruhe ist schon was Feines, allerdings muss ich unbedingt mal wieder unter Leute. Die Welt könnte untergehen und ich würde nichts davon mitbekommen. Ich mache mich also auf den Weg in die Stadt und siehe da, direkt vor meiner Lieblingsbuchhandlung läuft mir eine Freundin in die Arme. Der Tag ist gerettet. Kaffee trinken, klatschen, tratschen, Shopping- Tour und am Abend mit leerem Portmonee nach Hause. So macht das Leben Spaß.

Mittwoch

Mein Vormittag verläuft relativ unspektakulär. Nach dem Aufstehen folgt das übliche Programm: Faulenzen bis der Arzt kommt, heute gepaart mit dem Wälzen des IKEA-Katalogs. Bunte Kissen, lustige Accessoires und Deko-Ideen lassen jedes Frauenherz höher schlagen. Aber irgendwie wird es mir dann doch zu langweilig. Gut, dass sich meine Großeltern bereits vor meinem Experiment zum Kaffee angemeldet haben. Ich wirble durch die Küche, backe eine Ananas-Joghurt-Torte, werfe den Staubsauger an und bringe das Haus auf Hochglanz. Nach dem Besuch von Omi und Opi bin ich ganz schön K.O., trotzdem gehe ich noch zu unserem wöchentlichen Mädels-Abend aber heute bleibt dabei der Fernseher aus!

Donnerstag

Mein einziger Gedanke gilt heute all den Dingen, auf die ich in den letzten sieben Tagen verzichten musste. Musste? Nun gut, es war meine Idee zu sagen: „Ich brauche keine Unterhaltungstechnik, ich unterhalte mich selbst am besten.“ Auf die Dauer ist es aber irgendwie schon nervig, vollkommen ohne Handy, PC, MP3-Player und Fernseher zu leben. Man weiß nicht, was in der Welt passiert und kann einfach nicht mitreden. Noch mal muss ich das nicht haben. Ich bin heute ungewohnt nervös, kann mich nicht richtig konzentrieren und würde mich jemand ansprechen, würde er sich wahrscheinlich denken: „Was für ’ne launische Zicke!“ Sind das Entzugserscheinungen?

Donnerstag, 24 Uhr

Wow! Ich habe es ausgehalten, aber jetzt hält mich nichts mehr. Ich schalte alle Geräte, die ich finden kann auf einmal an, surfe durchs Netz, lese E-Mails und SMS-Nachrichten und lasse den Fernseher laufen, nur um zu sehen, dass er noch funktioniert. Welt, du hast mich wieder!

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